Kausharitus - Mittel und Zweck
- Vorwort: Aus den Archiven der Goldklingen
- Einführung
- Anwendungsgebiete des Kausharitus
- Bei Seuche und Pest
- Bei Häresie
- Einschätzung aus militärischer Sicht
Eine kurze Einführung in die schwerste aller Strafen. Geschrieben von der Bibliothekarin Azura Debonaire, mit einem Einleitungs- und Schlusswort des bekannten Söldners Felron Mondträumer, der die wichtigsten militärischen Aspekte zusammenfasst. Dieses Buch ist nicht öffentlich einsehbar!
Vorwort: Aus den Archiven der Goldklingen
Selten werden wir unserem Motto, für Gold fast alles zu tun, so gerecht wie bei diesem Auftrag ...
Ich weiß nicht genau, was vorgefallen war, jedoch kam eines Tages irgendein Priester des Syrthan zu mir und erteilte uns den Auftrag, ein Dorf zu reinigen. Einzige Bedingung war, dass er dabei ist und uns anführt. Die Bezahlung war gut, also schlugen wir ein, wie immer ohne nachzufragen. Auf der Reise scherzten wir noch, dass wir mit Besen wohl die Straße kehren dürfen, aber als wir an dem Dorf angekommen waren, Stellung bezogen hatten und der Priester die Dorfgemeinschaft zusammenrief, war jeglicher Spaß von uns gewichen. Der Priester schwang eine große Rede, von wegen das Dorf wäre ungläubig und nicht mehr wert, der Neuen Ordnung anzugehören. Dann drehte er sich um und sah uns an. Daraufhin erteilte er den Befehl:
"Nehmt alle gefangen, ob Mann, Frau oder Kind. Niemand darf entkommen. Wer flieht wird getötet." Einige Goldklingen zögerten, doch ich selbst ließ nur meine Klinge im Sonnenlicht aufblitzen, eine Drohgebärde, und ging auf die Dorfbewohner zu, so wie einige andere Goldklingen auch. Ein Bolzen flog an mir vorbei und tötete einen Mann, der an uns vorbeilaufen wollte. Einige andere Bewohner, die weiter hinten standen, begannen auch zu laufen, doch der Ausdauer eines Söldners hatten sie nichts entgegen zu setzen. Wir hetzten an den regungslosen Dorfbewohnern vorbei. Ich selber erschlug eine Frau auf der Flucht und einem fliehenden Kind schoss ich einen Pfeil in den Rücken, worauf es zu Boden ging. Ich ging zu der vermeintlichen Leiche hin und hörte noch das qualvolle Röcheln. Eigentlich war ich kein Mensch von Moral und Mitgefühl, dennoch erlöste ich es von den Schmerzen.
Einige Goldklingen blieben zurück, legten Fesseln an und bewachten die dagebliebenen. Als alle in Ketten lagen oder tot waren, erteilte uns der Priester den nächsten Auftrag: "Baut für jeden ein Kreuz und macht sie daran fest!" Wir taten wie uns befohlen. Eine Goldklinge wollte einer Frau, in die er sich verliebte hatte, die Freiheit schenken. Als ich es rechtzeitig bemerkte, legte ich viel Augenmerk darauf, das gerade diese Klinge diese Frau kreuzigen würde ... eine Disziplinarmaßnahme.
Es hatte ungefähr eine Woche gekostet, aber als wir alle gekreuzigt hatten und auch die Kreuze aufgestellt hatten, gab uns der Priester den letzten Auftrag und übergab mir bereits den zweiten Teil des Honorars: "Verbrennt das Dorf! Zerstört es, lasst keinen Stein auf dem anderen!"
Wir führten den Befehl aus, unsere Feuermagier gaben sich alle Mühe und bald war nichts mehr als Asche und Grundmauern übrig. Der Priester war schon lange verschwunden.. Einige schauderte es bei diesem Anblick und mir wurde wieder bewusst, wie der dunkle Priester dieses grausame Ritual genannt hatte. Wieder und wieder ging mir dieses Wort durch den Kopf – so neutral und akademisch es auch klang, so schrecklich war seine Konsequenz für alle Betroffenen – Kausharitus nannte sich diese grässlichste aller Strafen.
- Felron Mondträumer, ehemaliger Leiter der Goldklingen
Einführung
Der Kausharitus ist die wohl schlimmste Strafe, die Dunladan je gesehen hat. In der Vergangenheit war er bei verschiedenen Kriegsherren verbreitet, wurde von lichten und dunklen Truppen, aber auch von der königlichen Garde durchgeführt. In der Gegenwart hört man nur noch selten davon, und meist im Zusammenhang mit den Legionen der Dunkelheit.
Das Wort stammt aus der schwarzen Sprache. Kaushar bedeutete ursprünglich einfach Hinrichtung, wandelte sich dann aber und wurde unter Estarion Malkin für die Plätze verwendet, an denen dutzende Feinde, dunkle Priester oder widerspenstige Elfen, den Flammen übergeben wurden. Man sagte dem Feuer läuternde Wirkung nach, und während die Opfer des Kausharitus ihr Ende fanden, beteten Acolyten und Priester für ihr Seelenheil.
Zunehmend wurde dieses Mittel nicht mehr nur in großen Notlagen, sondern auch zur Abschreckung eingesetzt. Während in den alten Tagen des Reiches ein Kausharitus nur bei drohender Gefahr für die großen Städte des Landes ausgesprochen wurde, setzte ihn Estarion Malkin ein, um seine politischen Gegner einzuschüchtern. Auch gegen Feinde außerhalb des Reiches, so zum Beispiel die Elfen, wurde der Kausharitus mehrmals vollzogen. Im Ganzen tötete der damalige König Dunladans mehr Menschen im Zuge von Massenhinrichtungen als jeder andere Herrscher vor ihm. Während Regor II. es verstand, auch nach Kriegen durch auffallende milde Behandlung der Unterlegenen die Freundschaft zwischen den Völkern zu fördern, war unter seinem Nachfolger Estarion eine harte Bestrafung an der Tagesordnung.
Kausharitus bedeutet die vollständige Zerstörung einer Stadt mit all ihren Bewohnern. Dabei wird üblicherweise nicht (wie im Vorwort beschrieben) jeder Bewohner einzeln getötet, sondern vielmehr ein Dorf oder eine Stadt umstellt, jeder Fluchtweg abgeschnitten und anschließend von Magiern dem Erdboden gleich gemacht. Dazu eignet sich vor allem Feuermagie bei normalen Städten oder Dörfern, Erdmagie bei komplett steinernen Gebäuden und Wassermagie, sofern große Wassermassen in der Nähe sind und die Ortschaft in einem Tal liegt. Luftmagie kann dabei unterstützend eingesetzt werden. Bei den Truppen, welche die Ansiedlung umstellen, haben sich leichte Waffen wie Bögen und Schwerter bewährt, dazu meist lederne Rüstungen. Im Falle eines Kausharitus ist nur in seltensten Fällen mit organisierter Gegenwehr zu rechnen.
Anwendungsgebiete des Kausharitus
Bei Seuche und Pest
Allgemeines
Seuchen waren lange Zeit das größte Übel, das eine Stadt heimsuchen konnte. Nach und nach rafften sie selbst kerngesunde Personen dahin und führten über kurz oder lang zum Aussterben der kompletten Ansiedlung. Durch fahrende Händler, Spielleute und Botschafter verbreiteten sie sich weiter, so dass schon bald ganze Landstriche von grünlichen Pestwolken überzogen wurden. Vielerorts wurden die Häuser der Infizierten mit schwarzen Kreuzen markiert, um Fremde vor der Gefahr zu warnen.
Der Kausharitus stellte hier in vergangenen Zeiten die einzige Lösung dar. Eine schreckliche Verantwortung für die Heerführer der königlichen Garde, die mit ihrem Siegel über hunderte oder gar tausende Einwohner des Landes entscheiden mussten. "Für das größere Wohl!" hieß der damalige Wahlspruch, und er ist nach wie vor umstritten. Da nach den Bruderkriegen die Kenntnisse der Heiler und Alchemisten immer tiefgehender wurden und das Studium des Körpers es erlaubte, Krankheiten schon früh zu erkennen, gibt es mittlerweile kaum mehr Epidemien oder Seuchen in Dunladan. Auch die Pest wurde zurück gedrängt. Ein Kausharitus aus diesem Grunde ist für viele von uns undenkbar geworden.
Durchführung
Zuerst wurden die Ansiedlungen umstellt. Leicht bewaffnete Kämpfer zogen einen Ring um die Häuser. Sie trugen Bögen oder Armbrüste, aber auch Lanzen, um den Kranken nicht zu nahe zu kommen. Ihre zweite Aufgabe war es, etwaige Zuschauer fernzuhalten, da ein Kausharitus bei der breiten Masse der Bevölkerung auf wenig Akzeptanz stieß. Als zweite Maßnahme wurden Erdmagier ausgeschickt, um unterirdische Gänge zu verschließen und so jeden Fluchtweg zu versperren.
Je nach Beschaffenheit der Stadt begannen nun die Magier, ihre Elemente auf die Gebäude einwirken zu lassen. Feuer, Wirbelstürme, Erdrutsche und -beben, Überschwemmungen oder unterschiedliche Kombinationen davon verwüsteten von außen nach innen die Stadt; nachfolgende Erdmagier begruben Gebäude und alles, was auch nur im Entferntesten an Zivilisation erinnerte. Flüchtende wurden von Pfeilen und Bolzen niedergestreckt, so dass den Stadtbewohnern nur eine Lösung blieb – zurückzuweichen bis zum Stadtzentrum, wo sie dann Stück für Stück von den vordringenden Truppen aufgerieben wurden.
Luftmagier säuberten anschließend das Feld vom Geruch des Feuers oder verbrannten Fleisches. Manchmal sorgten sie sogar dafür, dass sich auf dem Boden schnell neuer Bewuchs bildete, so dass nichts mehr an den Kausharitus erinnerte.
Oftmals währte ein solcher Kausharitus Tage oder gar Wochen. Immer enger zog sich der Belagerungsring um die Stadt, denn er konnte nur so schnell voranschreiten, wie die Gebäude in sich zusammen stürzten. Nicht wenige der daran beteiligten Soldaten hatten danach Probleme, sich wieder in das normale Leben einzufinden.
Besonderheiten
Um sich selbst nicht anzustecken, war es unbedingt vonnöten, sich von den Fliehenden fernzuhalten und diese so schnell wie möglich auf die Distanz nieder zu strecken. Außerdem waren Zeugen bei dieser Art des Kausharitus unerwünscht. Es war kein Exempel zu statuieren, sondern die Welt vor dem Unheil zu bewahren. Da die gewöhnliche Bevölkerung in der Vergangenheit wenig Verständnis für diese Art der Überlebenssicherung zeigte, sollte sie möglichst wenig davon erfahren.
Desweiteren wurden hier keine Nahkämpfer benötigt, da sich niemand den Infizierten nähern durfte. Jedoch sollte der zuständige Priester oder Heerführer, dem die Ausführung des Kausharitus oblag, eine genügend große Reserve an Heilern bereit halten, um infizierte Magier schnell und sicher heilen zu können.
Bei Häresie
Allgemeines
Häretiker sind alle, die vorgeben, bestimmte Götter zu ehren, sich aber heimlich der Blasphemie (Gotteslästerung) schuldig machen. Radikale Verfechter beider Glaubensrichtungen gewähren in einem solchen Fall kein Pardon. Niemals darf Häretikern verziehen werden, niemals ihre Taten vergessen werden, denn das kleinste Anzeichen der Gnade kann als Schwäche ausgelegt werden.
Dies ist der Hauptgrund für Kaushariti in der heutigen Zeit. Da die Priester der lichten Fünf jedoch im Lichte der Öffentlichkeit stehen und damit kaum im Geheimen vorgehen können, ist von lichter Seite schon seit Jahrzehnten kein Kausharitus mehr überliefert.
Der dunklen Seite dagegen fehlt oftmals die Logistik, um einen Kausharitus im großen Stil durchzuführen. Meist sind es nur kleine Dörfer, an denen ein Exempel statuiert wird, um den eigenen Glauben zu vertiefen und die restliche Bevölkerung einzuschüchtern.
Durchführung
Hier besteht weit weniger Gefahr als bei einer Seuche, da die Häresie an sich nicht ansteckend ist. Ein Magier oder Krieger, der den Kausharitus vollzieht, kann sich den Verurteilten gefahrlos nähern. Die Vorgehensweise gleicht der bei Seuchen, jedoch ist hier zu beachten, dass die Opfer nicht durch physische Krankheiten geschwächt sind und so durchaus gefährlich werden können. Die Säuberungstruppen müssen also von schweren Nahkämpfern unterstützt werden, um sich zu verteidigen, was aber aufgrund der fehlenden Ansteckungsgefahr kein Problem darstellt.
Besonderheiten
Häresie ist ein verabscheuenswürdiges Verbrechen und diese Art des Kausharitus dient vor allem zur Abschreckung. Soweit es nach der Zerstörung der Siedlung noch Überlebende gibt, bieten sich verschiedene Arten der Hinrichtung an, die einem einfallsreichen Priester großen Handelsspielraum lassen. Vor allem Enzociarsjünger haben in dieser Disziplin eine Meisterschaft erreicht, die ihresgleichen sucht. Es geht hierbei einerseits um einen qualvollen Tod, um den Körper des Häretikers zu reinigen, andererseits soll die Tötung auch noch möglichst spektakulär sein, um Nachfolgetäter abzuschrecken.
Einschätzung aus militärischer Sicht
Der Kausharitus ist eine interessante Methode mit einigen Vor- und einigen Nachteilen, die man erwägen sollte, bevor man das Urteil ausspricht und wie man es vollzieht. Dabei ist zu beachten, dass niemand das Urteil ausführen möchte – man muss sich also der Loyalität seiner Untergebenen sicher sein. Wendet man diese Methode zu oft an, gehen wertvolle Rohstoffe für einen Krieg verloren und damit sind nicht Nahrungsmittel oder Arbeitskraft gemeint. Jeder Mann oder Jugendliche ist ein potentieller Soldat, somit schwächt man seine eigene Kampfkraft, wenn man einen Kausharitus in den eigenen Reihen vollziehen lässt.
Nicht leugnen kann man, dass es die wirkungsvollste Methode ist, Menschen zu kontrollieren und einzuschüchtern. Gegen Feinde angewendet schwächt er diese für viele Jahre: Vernichte die Ressourcen, um den Feind an der Ausschöpfung zu hindern. Außerdem ist Furcht der mächtigste Verbündete, den man haben kann. Dennoch sollte der Kausharitus immer die letzte Möglichkeit einer langen Reihe von Strafen sein.
- Felron Mondträumer, ehemaliger Leiter der Goldklingen