Die acht Statuen

  1. Umandia
  2. Jimane
  3. Tirkan
  4. Zernalon
  5. Sarmakand
  6. Hryuran
  7. Sylaphar
  8. Lumetis

Dies sind die Statuen der acht Freien Geister, die in der Eingangshalle des Tempels zu Yaramer stehen.

Umandia

Umandia ist die Herrscherin der Seen, des fließenden Wassers und des Eises. Von Barden und Skalden wird sie oft als Meerjungfrau, die einsam auf einem Felsen an der Küste sitzt, dargestellt. Dabei hält sie selbst eine Harfe in der Hand - vielleicht ist auch das der Grund, wieso sie bei eben diesen Barden so beliebt ist wie fast kein anderer Geist. Einsam singt sie ihre Lieder, in Sagen und Legenden genauso wie nun in der Eingangshalle zu Yaramer auf ihrem steinernen Podest.

Nicht immer ist sie die friedliche Beobachterin. Manch einer, der sich zu weit vom Ufer weggewagt hatte, lernt Umandia von einer anderen Seite kennen. Dann soll sie mit einem Dreizack bewaffnet gewesen sein, tauchte plötzlich neben dem Schiff auf und drohte, die ganze Mannschaft auf den Grund der großen Seen hinabzuziehen, wenn sie weiter in ihr Reich eindringen würden. Zudem soll sie grausige Seeungeheuer befehligen, die Fischern und Seeleuten das Leben schwer machen.

Auch in der Eingangshalle Yaramers hat sie diesen Dreizack auf ihrem Schoß liegen. Doch widmet sie sich ausschließlich dem Harfespiel. Und obwohl sie aus dem gleichen Granit ist wie alle anderen Statuen, so tanzen die Schatten doch über ihren Körper, als würde sie sich ein klein wenig bewegen, leise seufzen und ein paar traurige Töne anschlagen.

Jimane

An Jimanes Statue fällt zuerst der ausladende Turban ins Auge. Die Figur ist so gedreht, dass man dauerhaft meinen könnte, von ihr gemustert zu werden. Betrachtet man sie von der Mitte des Raumes aus, dann sieht man nur ihre rechte Seite. Eine Wüstenschönheit wie aus einem Traum, die in der rechten Hand einen verdorrten Wanderstab hält, während sie ihre Linke zum Gesicht erhoben hat. Gerade eben lüftet sie den Schleier und offenbart den Blick auf ihr Antlitz, das auf eine befremdliche Art perfekt wirkt. Fließende Gewänder verdecken ihre Gestalt, doch das Gesicht und die zarten Hände lassen ihre Formen auch unter dem weiten Kaftan erraten.

Besucher, die um die Statue herumgehen und sich auch die andere Seite ansehen, weichen auf den ersten Blick zurück. Auch von links ist die Gestalt in einen Kaftan gehüllt, der nun jedoch zerschunden und zerfetzt ist. Auch hier lüftet sie ihren Arm - diesmal den Rechten - und ihre knöcherne Hand klammert sich um den Schleier. Die leeren Augenhöhlen einer skelettierten Fratze starren den Betrachter an, der Unterkiefer hängt weiter herunter als dies bei einer lebenden Person jemals möglich wäre. Löcher im Gewand gewähren Einblick auf des Innenleben, Rippen und andere Knochen werden sichtbar.

Dies sind die zwei Gesichter Jimanes. Der freie Geist geleitet Wanderer sicher auf ihren Wegen - wenn ihm danach ist. Reisende bitten Jimane um Schutz vor Räubern, und vor allem in der Wüste gilt sie als treue Weggefährtin und Wegweiserin. Sie ist aber auch der Geist der Ödnis, Leere und Vergänglichkeit. Wer lange vor den Gebrechen des Alters bewahrt werden will kann ebenso zu ihr beten wie der, der seinen Konkurrenten einen schnellen Tod wünscht.

Tirkan

Rechterhand des Haupttores steht ein mannshoher Felsgolem, der kaum auf dem schmalen Sockel Platz findet. Er ist so breit wie zwei andere Statuen zusammen, zwar von menschlicher Gestalt, doch könnten seine wuchtigen Arme und Beine problemlos zu einem Troll gehören. Der Geist der Erde, der dem felsigen Riesen Leben einhaucht, ist ein gefürchteter Gegner. Wo er auf den Boden schlägt, spaltet sich das Land. Risse laufen wie Netze auseinander, bis sie ihr Ziel erreichen, wo sich unter ohrenbetäubendem Krachen sprichwörtlich der Boden auftut. Was zuvor noch friedlich stand, stürzt hinab und wird von der Erde verschluckt.

Aber dies sind nur Geschichten von den Schrecken, die der Erdengeist über Menschen, Elfen, Gnome und Zwerge bringen kann. Oft ist er auch wohlgesonnen, und vor allem die Zwerge preisen seinen Namen, ist er es doch, der sie zu den reichsten Adamant- und Mithrilvorkommen führt. Wie er vernichten kann, so verhilft er anderen zu großem Wohlstand.

Und schließlich ist er der Patron der Erdmagier und der lichten Paladine. Nicht dass sie ihn anbeten, doch rufen sie ihn wenn sie die Kräfte der Erde beschwören um zu heilen oder zu vernichten. Und noch eine Domäne hat er: Tirkan, so sagt der Volksmund, besitzt die Gabe, die Erde zu versiegeln. Wer im Frieden mit Tirkan begraben wurde, der wird sich niemals wieder erheben, um im Untod das Land heimzusuchen.

Zernalon

Auf einem der Podeste an der linken Wand (der einzigen ohne Tor) steht ein mächtiger Zentaure. Er hat sich auf die Hinterbeine erhoben, den Oberkörper hoch aufgerichtet und hält einen riesigen Stein über dem Kopf. Der Gott des Waldes braucht keine Waffen. Wen er nicht in wildem Galopp niedertrampelt, den zermalmt er mit Felsbrocken oder mit den bloßen Händen.

Und doch ist Zernalon einer der friedlichsten Geister, die in Dunladan bekannt sind. Solange nicht Holzfäller seinen Hain verwüsten oder Wilderer zum Zeitvertreib die Wälder unsicher machen, ist er jedem Wesen wohlgesonnen. Seine Bereitschaft, verirrte Wanderer sicher durch das Dickicht zur nächsten Stadt zu geleiten, macht selbst Jimane Konkurrenz.

Den Tieren des Waldes ist er ein Vater und Hirte, der über sie wacht. So erklärt es sich auch, wieso trotz seiner kriegerischen Geste drei kleine Rehe hinter ihm Schutz suchen und sich auf der Rückseite des Podestes eng aneinanderdrängen. Manche Wanderer und Waldläufer berichten sogar, dass sie desöfteren gesehen hätten, wie er eine Magierin auf seinem Rücken mitnimmt. Der Sage zufolge soll es sich dabei um Sylaphar handeln, die dem Geist der Natur wie eine Schwester ist.

Sarmakand

Auf diesem Sockel steht ein klein gewachsener Mann. Seine weiten Kleider sind in der Tracht der Wüstenbewohner gehalten, der schwarze Kaftan mit roten Runen bestickt, der rote Umhang dagegen mit schwarzen Stickereien verziert. Die Haare bedeckt ein schwarzer Turban, vor das Gesicht hat er sich ein schwarzes Tuch gebunden, so dass nur die Augen zu sehen sind. In den Händen hält er einen Krummsäbel und einen langen Dolch. Sein Gesicht ist zur Fratze verzerrt, ganz als würde er sich mit lautem Kampfesschrei auf einen Feind stürzen.

Den Grund für das verzerrte Gesicht sieht man erst, wenn man um die Statue herumgeht. Der Kaftan verdeckt lodernde Flammen, die den Rücken der Figur schon halb verzehrt haben. Immer mehr Nahrung verschlingen sie, und wäre die ganze Szene nicht aus leblosem Stein geformt, müsste der Wüstenkrieger schon lange vergangen sein.

Er selbst steht für den freiheitsliebenden Stamm der Wali Hazad aus dem Süden Dunladans, ein Volk das auf eine lange Tradition von Schwertkämpfern und Feuermagiern zurückblicken kann. Vor allem bei ihrem verfeindeten Stamm, den Wali Barad, sind sie als Plünderer und Viehdiebe bekannt. Man sagt, Sarmakand säße den Wali Hazad im Nacken wie ein Ochsentreiber seinem Gespann.

Hryuran

Die Statue rechterhand des Eingangs zum Tempel ist eine von jenen, in denen sich nicht offenkundig zwei Bedeutungen verbergen. Doch versteckt sich auch hier ein Gegensatz. Ein Barbar, der sich die Zeichen Hryurans auf die Oberarme tätowiert hat, schwingt einen Morgenstern hoch über dem Kopf. Wild gefletschte Zähne würde man erwarten, ein wutverzerrtes Gesicht vielleicht. Doch ist sein Antlitz gleichgültig, als würde in gar nicht berühren, was vor ihm liegt. Vielleicht ist auch das der Grund für die furchtlose Art der Hryuransgläubigen, die sich ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit ins Getümmel stürzen.

Anbeter Hryurans findet man selten in Dunladan. Im Süden des Landes gibt es fast keine Schreine, und nur in den äußersten Provinzen des Nordlandes hat er eine echte Anhängerschaft. Doch allerorten kennt man seinen Namen, denn man sagt, dass die überall raubenden und plündernden Barbarenhorden zu ihm beten, bevor sie zum Kriegszug aufbrechen. Und wo sie das Blut wehrloser Reisender vergießen oder ihre Mordlust ganze Dörfer auslöscht, dort ist der Geist der Raserei und Kampfeslust nicht weit.

Dabei steht er zwischen Metarian, dem lichten Gott des Krieges, und Visqe, der dunklen Mutter des Kampfes. Während Metarian Gewalt als letztes Mittel sieht, teilt er doch seine Vorstellung von Tapferkeit und Furchtlosigkeit mit Hryuran. Und Visqe hat zwar für den ehrenvollen Kampf wenig übrig, doch Wildheit im Gefecht und blutgetränkte Schlachtfelder gereichen auch ihr zur Freude. So verwundert es, woher Hryuran seinen schlechten Ruf hat - beschreitet er doch lediglich den Mittelweg zwischen zwei Göttern, die für ihre beiden Extreme gepriesen und verehrt werden.

Sylaphar

Der freie Geist der Luft ist ein wahrer Wirbelwind. Ebenso schnell wie der Sturm fegt sie über das Land, wird mal hier, mal dort gesehen. Und auch ihre Gestalt trägt dieser Art Rechnung: Wie viele Magier ihres Elements hüllt sie sich in eine weite Robe, mit deren Enden der Wind spielt. Dazu trägt sie luftige Sandalen, einen Magiestab und eine Schriftrolle in der anderen Hand. Doch das Auffälligste an ihr sind die großen Schwingen an ihrem Rücken. Sie reichen bis über den Kopf hinaus, und wenn Sylaphar über die Ebenen eilt, flattern die zahllosen weißen Federn im Wind.

In den Mythen, die es über die freien Geister gibt, wird sie immer wieder als besondere Freundin Zernalons bezeichnet. Beide lieben die Natur, das Leben an der frischen Luft und die Freiheit. Beide gelten als Wächter des Landes, deren Erscheinen oft Gutes und nur wenig Schlechtes bringt. Während sie in Städten kaum angebetet werden, gibt es auf dem Land viele Schreine, an denen man ihnen regelmäßig Opfer darbringt.

Die Statue der Sylaphar steht Zernalon jedenfalls gegenüber und blickt ihm auf immer in die Augen. Und wenn man sieht, wie ihr Gewand um den schönen Körper flattert, scheint es als würde ein ganzer Sturm durch die Eingangshalle des Tempels wehen. Unklar ist übrigens, ob der Wind ihr folgt, oder ob sie ihn selbst beschwört wo immer sie auftaucht. Und so unwichtig diese Frage auch klingen mag, sie ist doch Grundlage für Diskussionen, welche die Luftmagier Yaramers fast allabendlich in der Taverne führen.

Lumetis

Lumetis ist keine Freundin von List und Lügen, stattdessen offenbart sie, womit man es zu tun hat. Sie trägt eine weite Tunika und einen knielangen Rock, dazu einfache Lederschuhe. Beinschienen aus Adamant und ein Brustharnisch aus dem selben Material zeigen, welche Art von Kriegerin man vor sich hat. Keine wilde Barbarin, sondern ganz im Gegenteil eine Frau, die genauso gut als Richterin auf dem Rednerpult hätte stehen können. Einen mächtigen Schild hat sie sich auf den Rücken geschnallt, während die Hände die Instrumente ihrer Zweiseitigkeit tragen.

In der Rechten hält sie ein Gesetzesbuch, das für Gerechtigkeit und Ausgeglichenheit steht. Glaubt man der Alten Ordnung, so sind Gesetze zwingend nötig, wenn ein Land aufblühen soll. In der Linken trägt die Statue Ketten und Fußschellen, einerseits logische Konsequenz für Verbrecher, andererseits Symbole der Tyrannei und Knechtschaft.

Das Ziel eines Landes muss sein, den Mittelweg zwischen Gesetzen und Freiheit zu finden. Weder soll das Land in zahllosen Kämpfen versinken, weil jeder denkt er könne tun was ihm beliebt - noch soll jeder kleinste Teil des Lebens geregelt sein, so dass der Bevölkerung kein Raum zur freien Enthaltung bleibt. Lumetis kann für beide Gegensätze stehen. Doch immer ist sie der Fels in der Brandung. Ob sie als Gesetzeshüterin Schutzschild der Schwachen ist, oder ob sie als Unterdrückerin im Namen der Reichen handelt - sie wird es immer mit Ruhe und Bedacht tun.

Heute in Evergore:

Werarn, 7. Korrons im Jahre 775

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